Trainingsbericht (BORUSSEN)

benthefan, Mittwoch, 17.09.2025, 16:59 ( vor 6 Stunden, 14 Minuten ) @ mailand71
bearbeitet von benthefan, Mittwoch, 17.09.2025, 17:04

Polanski strahlt Energie und Klarheit aus
Eine Kennenlernphase benötigt Eugen Polanski bei Borussia Mönchengladbach nicht. Das doppelte Eigengewächs – als Spieler und als Trainer – kann sich sofort auf den Kern seiner neuen Aufgabe konzentrieren. Was dem 39-Jährigen wichtig ist, wird gleich bei der ersten Einheit sicht- und hörbar.

Solch einen Auftakt hatte lang kein Coach mehr in Gladbach – mitten in der Saison, in einer normalen Pflichtspielwoche. Gerardo Seoane, Daniel Farke, Adi Hütter und Marco Rose legten jeweils los am ersten Tag der Saisonvorbereitung, Dieter Hecking in der Winterpause. Zuvor war es André Schubert vor fast genau zehn Jahren ähnlich ergangen wie Polanski. Schubert ist nun indirekt dessen Vorbild: Nach dem Rücktritt von Lucien Favre siegte er sich in knapp zwei Monaten zu einem festen Vertrag.
Den trainingsfreien Dienstag und zuvor Teile des Montags hatte Polanski nutzen können, um sich auf den Tag vorzubereiten, der schon mehrmals bevorzustehen schien. Der 39-Jährige hat das Glück, sich voll auf den Kern seiner Aufgabe konzentrieren zu können, nämlich die Mannschaft – seit zehn Ligaspielen sieglos, seit fünf torlos – wieder in die Spur zu bekommen.
Um 11.12 Uhr folgte 20 Minuten nach dem Interimscoach seine Mannschaft: vier Torhüter und 20 Feldspieler. Nathan Ngoumou und Tim Kleindienst sind derzeit als einzige Profis nicht ins Training integriert, Charles Herrmann war für die U23 im Einsatz, Robin Hack blieb leicht angeschlagen im „Performance Center“ und Franck Honorat drehte im Rahmen der Belastungssteuerung nur ein paar Laufrunden.
Dafür mischten die Top-Talente Wael Mohya und Niklas Swider wieder mit. Als „großes Talent“ wurde Polanski einst auch von Sportchef Roland Virkus bezeichnet, der damals noch Nachwuchsdirektor war. „Er ist im positiven Sinne besessen und total ehrgeizig“, Kostenpflichtiger Inhalt sagte Virkus Ende 2021 im Interview mit unserer Redaktion. Und an solch einem besonderen Tag, an dem jedes Detail auf etwaige Änderungen ausgeleuchtet wird, ließ sich schnell festhalten: Polanski ist auch ein lauter Trainer.
Seine Assistenten Tobias Trulsen (mit hochgezogen aus der U23), Guido Streichsbier, Tony Jantschke und Oliver Neuville führten die Übungen durch. Polanski war dabei viel unterwegs zwischen den Gruppen, ermutigte, korrigierte und war eindeutig darauf bedacht, jene Energie auszustrahlen, die den Borussen vor allem am Sonntag beim 0:4 gegen Werder Bremen abgegangen war.
„Qualität rein, ins Zocken kommen, Spaß haben“, rief Polanski über den Platz, als seine Spieler ein Sieben-gegen-Drei absolvierten. Auf den polyglotten Gerardo Seoane folgt bilinguales Coaching, ein bisschen Englisch war dabei. „Oscar, that’s it: Make a mistake, no problem“, bekam der Däne Oscar Fraulo zu hören.
Knapp zwei Stunden forderte Polanski die Mannschaft, gut 100 Fans schauten zu und konnten eine Übung aus beinahe demonstrativer Nähe begutachten. Das war zuletzt seltener so gewesen. Es wurde viel gepasst, der Ball laufen gelassen, stets verbunden mit Elementen, die Borussias Trainer wichtig sind: Klare Abläufe gegen den Ball, eindeutig definierte Pressingauslöser, ein verdichtetes Zentrum.
Als es um Ballverluste ging, sagte Polanski einmal: „Dann laufen wir nicht alles an, was sich bewegt, sondern organisiert.“ Und eine weitere Forderung: „Nicht einmal mit einem Kontakt spielen und der Ball ist scheiße.“ Nicht zu kompliziert sollen die Borussen denken und spielen. Sie müssen schließlich zuallererst etwas scheinbar Banales schaffen: mal wieder ein Tor erzielen.
Klarheit kennzeichnet auch die Sprache des gebürtigen Polen aus, der in Viersen aufwuchs und mit dem Fußballspielen begann. Mit seiner Art scheint Polanski nah dran zu sein an seinen Jungs und ihrer Gedankenwelt – immerhin bezeichnete Virkus ihn am Dienstag selbst noch als „den Jungen“.
Wer einem neuen Trainer bei der Arbeit zusieht, läuft als Beobachter schnell Gefahr, alles besser, durchdachter oder konsequenter zu finden als zuvor in einer schwierigen Phase unter seinem Vorgänger. Dennoch lässt sich gewiss festhalten, dass Polanski und Seoane unterschiedliche Stile verkörpern.
Wie Polanski medial auf einer größeren Bühne kommuniziert, inwiefern er sich seine erfrischende Direktheit bewahren kann, wird erstmals am Donnerstag zu erleben sein. Da spricht Polanski auf seiner ersten Spieltags-Pressekonferenz, die drei Tage vor der Premiere bei Bayer 04 Leverkusen gleichermaßen eine Antritts-PK wird.
„Für ihn ist das eine Chance – parallel dazu sondieren wird den Markt, das haben wir Eugen auch gesagt“, sagte Virkus. Mit Lautstärke und Lockerheit ist Polanski die Aufgabe angegangen, aus „bis auf Weiteres“ ein „langfristiges“ Projekt zu machen.

Quelle: RP


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