Fortsetzung (BORUSSEN)

AaseeMönch , Senden, Donnerstag, 05.10.2023, 18:55 ( vor 415 Tagen ) @ AaseeMönch

So schließt man einige Fans aus.
LUDWIG Die Allgemeingültigkeit, alle Fanspektren zu vertreten, können wir nicht erfüllen. Uns geht es schon um die aktiven Fans im Stadion, ob Ultras, Kutten, Normalos oder Fans in den VIP-Bereichen. Es geht um alle Fans, die sagen: Ich brenne für den Verein, ich unterstütze ihn, ganz gleich, wo er steht. Was ich aber ablehne: Fans, die politisch motiviert etwas in der Kurve unterwandern wollen, Gewalt als selbstverständlich wahrnehmen, aber auch die, die versuchen, Einfluss mit Fremdkapital zu erkaufen. Alle anderen darf man mit ihren Bedürfnissen nicht außer Acht lassen. Als Verein darf man nicht mehr voraussetzen, dass diese Fans “eh da” sind, man muss sich darum kümmern, dass sie kommen. Da ist die Gesprächskultur zwischen Fans und Verein über das Fanprojekt, der regelmäßige Dialog, enorm wichtig. Es ist aus meiner Sicht ein Alleinstellungsmerkmal in der Bundesliga.
Dennoch: Spiegeln sich die Veränderungen des Klubs, der sich, wie der gesamte Fußball, mehr kommerzialisiert hat, in der Fanszene wider? In England hat sich die Fankultur im Zuge dessen schon stark verändert.
LUDWIG Das hat ja vor allem damit zu tun, dass es in den englischen Stadien lange keine Stehplätze mehr gab und die Eintrittspreise entsprechend gestiegen sind. Das hat viele Fans abgehalten, weiter ins Stadion zu gehen. Die 50+1-Diskussion in Deutschland gibt es – da hat sich die DFL zuletzt ja nochmal klar positioniert. Das ist in meinen Augen sehr wichtig, nur so können Vereine ihre Identität behalten. Ich erinnere mich an die Worte von Thomas Müller, wie wertschätzend er gegenüber Borussia ist. Und wer die Stimmung im Borussia-Park in dieser Saison bisher erlebt hat trotz der Niederlagen, der spürt, was es bedeutet, Gladbach-Fan zu sein. Andererseits hat man gemerkt, wie schnell Distanz entstand, als Borussia in den vergangenen Jahren zwischenzeitlich ihren eigenen Weg verlassen hat. Das hat schon 1995 nach dem Pokalsieg nicht funktioniert, als es die Pläne gab, den Bökelberg in einen Erlebnispark zu verwandeln. Auch das war nicht unsere Borussia – und ist grandios gescheitert.

Die Aufgabe des Fanprojekts wird es also sein, einen Weg zu finden, die Leidenschaft für den Klub bei den neuen Fan-Generationen zu wecken.
LUDWIG Das ist unser Auftrag. Wir müssen zumindest artikulieren, dass es etwas Besonderes ist, Fan unserer Borussia zu sein. Ob es dann jeden erreicht, das ist die Frage. Klar ist aber: Wir werden grundsätzlich nur die Leute erreichen, die es generell gut finden, sich aktiv als Fan zu engagieren im Stadion.
Auch in der Führungsetage des Fanprojekts spiegelt sich das „Älterwerden“ der Gladbach-Fans. Muss man sich an der Stelle verjüngen, um die Stimmen der Jüngeren zu hören?
LUDWIG Wir haben ganz klar das Ziel, jüngere Leute im Vorstand zu integrieren. Aber wir brauchen Leute, die ganz offiziell Verantwortung übernehmen. Und damit tut sich, das ist ein allgemeines Phänomen in der deutschen Vereinskultur, die jüngere Generation schwer.
Wie erreicht man die jüngeren Generationen?
LUDWIG Da sind unsere Social-Media-Accounts ein wichtiges Instrument. Die nutzen wir jetzt verstärkt und bespielen sie mit fantypischen Themen. Seitdem haben wir rund 5000 neue Leute, die uns folgen – und sie sind alle zwischen 20 und 29 Jahre alt. Über diese Aktivität können wir an die jüngeren Fans herankommen auch mit fanpolitischen Inhalten, aber ihnen auch generell die Werte der Gladbacher Fankultur vermitteln. Wir holen die Leute da ab, wo sie sind. Früher ging man in den Fanladen in Eicken, heute trifft man sich in den sozialen Medien. Aber das Ziel ist, die Fans ins Stadion zu holen. Und ich bleibe dabei: Auf welchen Kanälen auch immer – dazu müssen wir die Leidenschaft für Borussia wecken.


gesamter Thread: